Wie kann die Produktion hochkomplexer Werkzeuge über eine begeisterte Masse verwirklicht werden und was können sie?

SEBASTIAN PICHELHOFER, Projektleiter apertus° open source cinema

Das mittels Crowdfunding und der EU (Horizon 2020) geförderte Projekt „AXIOM“ entwickelt die erste quelloffene (Open Source) Filmkamera. In einer interdisiziplinären Community bestehend aus AnwenderInnen, WissenschaftlerInnen, Unternehmen, IngenieurInnen, KünstlerInnen, EntwicklerInnen, etc. entsteht die erste komplett quelloffene Kameratechnologie. Die Hardware kann individuell erzeugt, angepasst und adaptiert werden. Durch das modulare Design kann jede Komponente, die defekt ist oder nicht mehr dem neuesten Stand der Technik entspricht, zukünftig einfach ausgetauscht werden. Wichtiger Faktor der Kamera ist es, dass durch die Modularität speziell auf die Bedürfnisse und Rahmenbedingungen jedes Projekts individuell eingegangen werden kann und sich dadurch viele möglichen Anwendungsszenarien u.A. für Lehre, Forschung und Produktion eröffnen. Offene Standards, modulares Design, umfassende Dokumentation, offene Hardware und freie Software bilden die Basis einer nachhaltigen Plattform, die den UserInnen die volle Kontrolle über ihre Werkzeuge zurückgibt. AXIOM ist nicht nur ein Produkt, sondern ein offenes Framework, das sich auch in der Zukunft ständig weiterentwickeln wird. Neben der Forschung und direkten Applikation von neuen Dokumentationsstrategien werden auch Anwendungsfelder an der Schnittstelle von “Educational Technologies” zwischen Kunst und Wissenschaft untersucht. Im Projektzeitraum von 15 Monaten dient AXIOM als “best practice” Beispiel für Open Hardware Forschung und Entwicklung in Europa, doch das EU-Projekt ist erst der Anfang für eine mögliche Zukunft von “Open Source Cinema”.

Was kann Community-gesteuerte Partizipation für Bühne und Raum bedeuten?

MARKUS WINTERSBERGER, Dozent Experimentelle Medien, FH St. Pölten
MARCUS JOSEF WEISS, Regisseur, Open Acting Academy Wien

Das Forschungsprojekt Wearable Theatre. Media Emotion verbindet die Kunstformen von Medienkunst, Theater und Literatur mit Aspekten der aktuellen Medientechnik in den Bereichen von wearable computing, augmented und virtual reality (VR). Das Theater, emotionale Aspekte des Schauspielers und des Publikums sollen fast traumhaft in Echtzeit innerhalb dieser neuen tragbaren Geräte verschmelzen und erweiterte partizipative Interaktionsmöglichkeiten eröffnen.

Aus der Perspektive der Kunst (Medien, Theater und Literatur), der Technologie (tragbare, erweiterte und virtuelle Realität) und der Wissenschaft soll die Frage nach der Idee, der Produktion und der Rolle des Theaters im 21. Jahrhundert gestellt und gleichzeitig die aktive und passive Position – das partizipative Moment –  der SchauspielerIn und der ZuseherIn innerhalb analoger und virtueller Räume hinterfragt werden. Bisher war Theater und Film eine sehr lineare und nahezu eindimensionale Erzählkunst. In der erweiterten und virtuellen Realität sollte eine dreidimensionale Möglichkeit Geschichten zu erzählen entwickelt werden, wobei der Gesamtraum aktiv mit einbezogen werden muss und sich der Betrachter als zentrale und handelnde Figur im Mittelpunkt des Geschehens wieder findet.

Innerhalb von zwölf gesetzten Regeln und experimentellen Szenarien wird die Idee und die Umsetzung des Wearable Theatre künstlerisch und technologisch hinsichtlich der Fragen der immersiven, tragbaren und virtuell-realen Auswirkungen und Folgen auf die künstlerische Produktion, Rezeption und hinsichtlich partizipatorischer Potentiale untersucht.

Manuel Gruber: Deliver. Anywhere, anytime, on any device

Die Verwertungsstrategien für Content haben sich in den vergangenen zehn Jahren stärker verändert, als in den 70 davor. Der klassische Distributionsweg von Produzent zu TV-Kanal ist nur einer von vielen. Content wird heute auf unzähligen Distributionskanälen und technischen Plattformen zur Verfügung gestellt, von Mobile Devices über Smart TVs, von Netflix bis Youtube.

Sieht man sich die Entwicklung von Online Video in den letzten Jahren an, bleibt allgemein die Frage: Was ist eigentlich Fernsehen und wer sind eigentlich die Produzenten? Neben neuen, für jedermann zugänglichen Distributionskanälen hat vor allem die technische Entwicklung zu einer Demokratisierung der Inhalteherstellung geführt und damit zu einer wahren Flut an Content von einer Masse an Produzenten.

Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass dabei ein ständig komplexer werdender Markt entsteht und eine enge Verflechtung zwischen klassischen TV-Unternehmen und den „neuen“ Produzenten entsteht. Nicht zuletzt seit Disney Ende März für 500 Millionen Dollar Maker Studios übernahm, das derzeit größte Youtube Multichannel Network.

Andreas Jaritz: The Old, The Young & The Sea

Willentlich in ein Projekt hineingestolpert war nach zwei Jahren Arbeit ein Film fertig: Europas Surf Gefielde, in HD und Dolby Surround, gedreht in 20 Wochen von 5 Leuten, die die Küsten zwischen dem Süden Frankreichs und dem Süden Portugals schon vorher vielmals bereisten und bunte, vielfältige Erfahrungen machten. Die Fülle der Menschen verschiedener Nationalitäten, ausgestattet mit verschiedenen Lebensmodellen und Motiven, diesen schmalen Streifen Land entlang des Meeres zu bereisen, drängte die Idee eines „Menschenfilms“ auf.

„Menschenfilm“ – das bedeutete die Menschen und ihre Geschichten in den Vordergrund zu stellen und dadurch ein lebendiges Bild dieser Küste zu schaffen.

Arman T. Riahi: Everyday Rebellion – Ein Crossmedia-Projekt und Kinodokumentarfilm über kreativen gewaltlosen Widerstand

EVERYDAY REBELLION ist ein Dokumentarfilm und Crossmedia-Projekt, das die Kraft und Vielfalt des kreativen, gewaltlosen Protests und des zivilen Ungehorsams feiert.

Was haben „Occupy”, die spanischen „Indignados” und der „Arabische Frühling” gemeinsam? Was verbindet die Demokratiebewegung im Iran mit dem Kampf in Syrien? Wo sind die Berührungspunkte zwischen den ukrainischen Oben-ohne-Aktivistinnen von „Femen” und den oppositionellen Protesten in Ägypten? Die Gründe für den Protest sind in jedem Land ganz unterschiedlich, aber die kreativen gewaltfreien Taktiken sind sehr ähnlich und inspirieren sich gegenseitig auf überraschende Weise. Der Film wird begleitet von einer mehrfach preisgekrönten, internationalen Web-Plattform (everydayrebellion.net) und einer mobilen Applikation.

Everyday Rebellion verbindet Film, Social Media und digitale Medien zu einem vielseitigen und innovativen Hybrid- Format, welches sich der Vielfalt und Mannigfaltigkeit der modernen, gewaltlosen Protestmethoden anpasst.

Das Projekt besteht aus drei Grundbausteine­n:

1. Einer Web-Plattform zum Sammeln und Teilen aller Arten von kreativen, gewaltlosen Methoden und Taktiken mittels Videos, Kollaborationen und Artikel.
2. Einem Kino- & TV-Dokumentarfilm über die Geschichten kreativer AktivistInnen rund um den Globus.
3. Interaktive Tools wie z.B. eine Smartphone Applikation, die AktivistInnen im gewaltlosen Einsatz für Wandel und Veränderung, unter autoritären und repressiven Regierungssystemen, unterstützt. Die App soll aber auch auf eine spielerische Art den kreativen, gewaltlosen Widerstand vermitteln.

Doris Priesching: Update Mip-TV. Trends am internationalen Fernsehmarkt oder: Wo sind die Inhalte?

Zweimal jährlich findet in Cannes die MIP statt, Europas größte Messe für den Rechtehandel mit Fernsehformaten. Wo sonst Goldene Werbelöwen für Werbung und Filmpalmen vergeben werden, regieren jeweils eine Woche im April und im Oktober der schnöde Mammon. Mehr als 13.000 Besucher drängeln sich in den Gängen des Grand Palais und feilschen wie im Bazar. Filme, Dokus, Serienware werden angeboten und beworben, die Absatzchancen von Formaten heftig diskutiert.

Das ist in diesem Jahr besonders spannend, denn das Fernsehen ist im Umbruch. Die Folgen der Digitalisierung sind inzwischen deutlich sichtbar. Die Branche reagiert mehr und mehr auf veränderte Nutzungsgewohnheiten der Zuseher. Eine Entkoppelung von Inhalten und Sendern findet statt. Fernsehen zu produzieren, bedeutet nicht mehr gleichzeitig sich an TV-Stationen und vorgegebene Sendungsgefäße zu binden. Originale Webserien entwachsen den Kinderschuhen. Portale investieren in transmediale Projekte, neue Formen des Erzählens werden gefunden.

Dass sich die Branche im Umbruch befindet, spiegelt auch die MIP wider. Amazon Studios präsentiert die Krimiserie Bosch. Der US-Produzentenriese Starz trommelt für die neue TV-Serie Power. Schwerpunktland ist Mexiko. Die Folge ist ein kaum überschaubarer Wildwuchs an Angeboten, die kaum ein größeres Publikum erreichen. Denn die schöne, eben noch krisengeschüttelte, neue Fernsehwelt hat ein Problem: Für allzu viele Kanäle gibt es noch zu wenig Programm. Sowohl in Deutschland wie auch in Österreich fehlen bislang Finanzierungsmodelle. Die Risikobereitschaft ist gering.

Dr. Doris Priesching, Medienjournalistin der Tageszeitung Der Standard, war in Cannes und berichtet von den jüngsten Trends am Fernsehmarkt, wie die Digitalisierung die Inhalte verändert und warum trotz aller Ungewissheiten die Zukunft betreffend, genau jetzt die Gelegenheit zum Mitmachen günstig ist.

Corinna Kamphausen: Crossmediales Storytelling – Welche Story zu welcher Plattform?

„Egal ob TV, Tablet oder Smartphone – auf die unterhaltsame und ergänzende Verbindung von guten Inhalten kommt es an.

Produzenten stehen immer mehr vor der Herausforderung mehrere Plattformen gleichzeitig mit Inhalt zu füllen – und dies wenn möglich nicht einfach mit ein und demselben Inhalt, sondern mit unterschiedlichen Stories, die sich ergänzen und ein großes Ganzes ergeben. Dies gilt nicht nur für neue TV-Formate, sondern insbesondere auch für Design, Promotion & Marketing der audiovisuellen Medien.“

Über Eyes & Ears: Eyes & Ears of Europe ist die Vereinigung für Design, Promotion und Marketing der audiovisuellen Medien. Seit fast 20 Jahren ist der Branchenverband die professionelle Kommunikationsplattform für all diejenigen, die sich mit der strategischen Planung, Kreation, Umsetzung und Steuerung audiovisueller Kommunikation in TV, Film, Radio, Internet, Mobile, Games und Events beschäftigen. Im Fokus stehen dabei die qualitätsbezogene Debatte und das Aufzeigen zukunftsorientierter Perspektiven.

Mediengespräche NÖ: Mulitmedial und Multi-Device – Die Grenzen der Mediengattungen verschwimmen

Rüdiger Landgraf MBA, KRONEHIT; Martin Kaindel, HORIZONT/ datenflut.at; Gerhard Pfaller, TVW4; Jan Krone, Medienwirtschaft FH St. Pölten

Die Digitalisierung der Kommunikationswege hat die Medienlandschaft verändert. Ließen sich bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch klar erkennbare Grenzen zwischen den Mediengattungen Zeitung, Zeitschrift, Radio und Fernsehen ziehen, lösen sich die Unterscheidungsmerkmale in der internet-gestützten Verbreitung zunehmend auf. Zeitungen bieten Videonews, Zeitschriften aktualisieren ihr journalistisches Angebot stündlich, Fernsehen bietet im Netz Texte und Bildergalerien und das Radio vereint die Charaktermerkmale massenmedialer Gattungen. Die Angebote werden linear als Stream oder Live-Ticker genauso verbreitet wie delinear als Abrufdienste. Dazu werden die Bürger via Social Media zunehmend über mobile Endgeräte in das Programm mit einbezogen. Jeder Inhalt zu jeder Zeit an jedem Ort mit jedem Kommunikationsgerät.

Die sich hier für Medienunternehmen anschließende Frage lautet: Wie lassen sich fragmentierte Verbreitungswege und crossmedial aufbereitete journalistische Inhalte medienwirtschaftlich erfassen?  Die Diskussion fokussiert folgende Teilbereiche: Regionalisierung, Zugang für Publika, Zugang zu Soft- und Hardware für Medienunternehmen, Potentielle Erlösformen, Potentielle Inhalte, Kooperationsdilemma.

Darüber diskutieren Vertreter unterschiedlicher Mediengattungen im Rahmen der c-tv Konferenz 2014 „Bewegtbild und Multi Device Strategien“, veranstaltet von der FH St. Pölten in Kooperation mit Putz & Stingl und den Niederösterreichischen Nachrichten NÖN: Rüdiger Landgraf , Programmdirektor KRONEHIT; Martin Kaindel, (Vermarktung HORIZONT/Bestseller und Blogger datenflut.at) und Gerhard Pfaller, (TVW4)

Diskussionsleitung: Jan Krone, FH St. Pölten