Beiträge dieser Konferenz

Kathrin Rothe: Formatentwicklung für Nischen

Von Gestaltung und Formatierung

Das Formatlabor Quantum von der Redaktion Das kleinen Fernsehspiel beim ZDF bietet kreativen AutorInnen, jungen Talenten und innovativen Produktionsfirmen die Möglichkeit, eigene Formatideen zu realisieren. Die Ergebnisse werden im Fernsehen ausgestrahlt – als Reihe oder Pilotsendung. Die Herausforderung besteht darin, inhaltlich, technologisch oder formal neue Wege innerhalb bestehender Programmformen zu gehen. Bei Kathrin Rothes vierteiliger Doku-Soap „Stellmichein“ stellte sich 2004 die Frage, wie Reality-Fernsehen für Öffentlich-rechtliches Fernsehen aussehen könnte. Kathrin Rothe begleitete fünf Arbeitslose auf ihrer Suche nach dem Job fürs Leben. Wo ist die Grenze zwischen Authentizität, spannender Emotionen und Voyeurismus? Wie kann man Informationen und nützliche Ratschläge in einem Unterhaltungsformat vermitteln? Wie zeigt man, was der Kamera für gewöhnlich verborgen bleibt? So hat Kathrin Rothe beispielsweise die Bewerbungsgespräche als Trickfilm nachstellen lassen. Dabei illustrierte sie die Erzählungen der ProtagonistInnen und kommentierte mit kleinen Gesten: Eine gekrümmte Sitzhaltung, ein herabgezogener Mundwinkel oder ein bewundernder Blick erzählen viel über tatsächliche Befindlichkeiten. In „Was tust Du eigentlich..?“ ist sie noch einen Schritt weiter gegangen. Ganz normale Menschen beantworten in jeweils einer Folge eine große und aktuelle Frage: Was tust Du gegen Gewalt? Wie schützt Du Dich vor Terroranschlägen? Was tust Du für Deine Rente? Um auch Menschen, die man gewöhnlich nicht im Fernsehen sieht, zu Aussagen zu bewegen, sieht man die Interviewten nur als Trickfiguren. War es bei “Stellmichein“ klassischer Zeichentrick, hat Kathrin Rothe hier Cut-out-Animation, auch als Collagentrick beschreibbar, verwendet. Die Technik machte es nicht nur möglich, für dieses wochenaktuell konzipierte Format zügig zu animieren, sondern der Charme des Handgemachten und Improvisierten wirft gleichzeitig einen ironischen Blick auf die Weltverbesserungsmaßnahmen im Kleinen. Das dokumentarische Animationsformat wurde online wie auch offline, als Einzelfolgen wie auch als Block, gesendet und gestreamt. “Stellmichein“ erhielt 2007 den Adolf-Grimme-Preis. Dennoch wurde es nur spätabends gesendet. Somit wurde ein Format, das nicht für ein Nischenpublikum entwickelt wurde, doch wieder zum Nischenformat.

Vita
Kathrin Rothe: Geboren 1970 in Gera, Thüringen. Sie studierte „Experimentelle Filmgestaltung“ an der Universität der Künste Berlin und am Central St. Martins in London. Kathrin Rothe ist Gründerin des Berliner Labels www.karotoons.de. Seit 2003 arbeitet sie als freiberufliche Regisseurin; 2007 erhielt sie den Adolf-Grimme Preis. Sie lebt und arbeitet in Berlin. Links: ZDF, Redaktion das kleine Fernsehspiel und Quantum: www.daskleinefernsehspiel.zdf.de; Katrin Rothe: www.karotoons.de
Datum
05.05.2009