Maria Magdalena Koller: Doku Slots

Von Reenactment und Authentizität

Doku-Fiktion hat sich im Fernsehen längst etabliert. Doku-Soap und Doku-Drama sind nur einige der neuen Formate, in denen immer mehr Gestaltungselemente aus dem Spielfilm übernommen werden. (Fast) alles ist möglich! Doch wo sind die Grenzen dieser Experimentierfreudigkeit oder wie es der Philosoph Paul Watzlawick formuliert: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Für mich als Dokumentarfilmerin bietet dieser Mix aus klassischer Dokumentation und Neuinszenierung / Reenactments - eine spannende Herausforderung. Das Verweben von Dokumentarmaterial, Aussagen von Zeitzeugen und neu inszenierten Sequenzen ermöglicht mir, eine Geschichte auf mehreren Ebenen zu erzählen und den dramaturgischen Bogen inhaltlich und visuell zu verdichten. Für mich ein faszinierender Weg, näher an die Wirklichkeit/Wahrheit heranzukommen. Dass es dafür einer genauen Recherche bedarf, ist für mich als Historikerin und Journalistin Grundvoraussetzung. Denn nur wenn ich mit einer Geschichte bis ins letzte Detail vertraut bin, kann ich das, was ich zwischen den Zeilen eines Dokuments lese, bzw. die „Leerstellen“, die sie aufgrund von fehlendem Dokumentarmaterial ergeben, transparent machen auch visuell umsetzen. Reeinactments sind für mich deshalb eine gestalterische Bereicherung, um ein Thema stärker zu emotionalisieren. Sie können authentisches Material jedoch niemals ersetzen, auch wenn sie noch so gut gemacht sind. Wie das konkrete Arbeiten zwischen Dokumentation und Fiktion in der Praxis aussieht, möchte ich am Beispiel des Doku-Dramas „Tod im Morgengrauen“ erörtern. Ein Film, den ich vor zwei Jahren für ORF ARTE und ZDF gemacht habe.

Vita
Maria Magdalena Koller, geboren 1957, studierte Germanistik, Geschichte, Philosophie. Nach fünf Jahren als AHS Lehrerin in Graz und weiteren fünf Jahren im Team von Dr. Hugo Portisch arbeitet sie seit 1992 als Autorin und Regisseurin. Zu ihren Werken zählen eine Vielzahl an Dokumentationen aus den Bereichen Geschichte, Kultur, Gesellschaftspolitik, Religion und Natur. Viele davon waren Koproduktionen mit deutschen Sendern sowie ARTE und gewannen zahlreiche Auszeichnungen wie Silver World Medal /New York Festivals, Österreichischer Volksbildungspreis, Nominierung „Prix Europe“/Berlin und „Cine Golden Eagle Award“/Washington.
Datum
04.05.2010