Markus Mooslechner: Wer schaut fern?

Das Nutzerverhalten im Umbruch

Das Nutzerverhalten der FernsehzuseherInnen hat sich in den vergangenen Jahren gravierend verändert. Immer weniger Menschen sehen immer mehr fern, die Alterspyramide dreht sich, viele alte Menschen sehen viel fern, die Jungen nicht mehr. Wenn die jungen ZuseherInnen nun wegfallen, besonders die 12 bis 24 Jährigen, haben die traditionellen öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten eine paradoxe Herausforderung zu bewältigen: die Zuseher werden immer älter und gleichzeitig zwingt die Werbeindustrie zu jungem Programm. Ein öffentlich rechtlicher Sender kann sich jedoch nicht gänzlich entweder auf eine jugendliche oder eine ältere Zielgruppe fokussieren. Dieser Umstand führt zu einer unklaren Positionierung, einer ungünstigen Investitionssituation, da die Budgets auf beide Programmwelten aufgeteilt werden müssen. Viele Spartensender haben es in diesem Bereich einfacher. Die Frage, die sich daraus ergibt: Brauchen wir mehr Spartensender?
Wir erleben momentan nicht nur eine massive Veränderung der TV-Landschaft sondern der gesamten Medienlandschaft: es ist aber nicht davon auszugehen, dass das Internet wie so oft beschworen das Fernsehen verdrängen wird. Vielmehr sieht es eher nach einer Koexistenz der Medien aus in der das Fernsehen auf bestimmte Kernrollen reduziert / fokussiert wird. Das Wohnzimmer als Unterhaltungszentrum zwischen Konsole, intelligenter Wohnraumsteuerung und TV. Das TV Gerät wird massiv an Bedeutung gewinnen aber anders heißen. Traditionelles Fernsehen wird sich darin als eines von vielen Angeboten unterordnen.

Diskussion: Primetime

Diskurs im Anschluss an den Vortrag „Primetime in Bedrängnis – Programmstrategien, Neue Formate und Experimente“

Markus Mooslechner:
„Es gibt sehr viele technologische Diskussionen, aber wir sind eigentlich die Geschichten geblieben? Ich glaube, dass wir uns als Fernsehmacher wieder auf unsere ureigenste Kompetenz besinnen sollten: Geschichten erzählen. Geschichten die authentisch und relevant sind und Menschen berühren. Wir müssen das Publikum erst nehmen, wir dürfen nichts vorgaukeln.“

Edgar Böhm:
„Nach fast 40 Jahren im TV Business ist meine Begeisterung an diesem Beruf ungebrochen. Arbeiten für das Fernsehen bedeutet immer am letzten Stand der gesellschaftlichen Entwicklung zu sein und kreative Antworten auf die sich permanent ändernden Rahmenbedingungen zu finden. Fernseharbeit geschieht im Team, ist kreativ und herausfordernd. Fernseharbeit heißt das Publikum ernst nehmen.“

Oliver Fuchs:
„Einzigartige Events ziehen das Publikum magnetartig an. Die Quote ist ein klarer Gradmesser, ob das Programm ankommt oder nicht. Ich glaube nicht, dass der Zuschauer aktiv in die Formatentwicklung miteinsteigen wird, denn Fernsehen ist ein Handwerk und eine Kunstform.“

Martin Gastinger:
„Die Primetime ist für alle TV-Sender und TV-Macher die heiß umkämpfte und wichtigste Sendezeit, jeder der sagt, er weiß wie man dort immer gewinnt und garantiert Erfolg hat, ist Hellseher oder Schwindler!“

Oliver Schmidt: Die Inszenierung des Zwischenraums

Zwischen Avantgarde und Blockbuster
Animierte Informationsräume in der deutschen Fernsehlandschaft

Das Fernsehen legt in den letzten Jahren immer größeren Wert auf die Inszenierung von aufwendig animierten „Informationsräumen“. Prominente Beispiele hierfür ist das On-Air-Design von PRO7, speziell die von united senses entwickelten Blockbuster-Kampagnen Entertainment XXL und MegaBlockbuster oder die ident-clips von arte und 3sat. Solche animierten Sequenzen dienen neben der Information und der Strukturierung des Programmablaufs auch dazu, das jeweilige Programmangebot eines Senders mit seinen affektiven, emotionalen, dramaturgischen und audiovisuellen Momenten, seinen Genres und Formaten, für den Zuschauer in wenigen Sekunden in einem artifiziellen Raum erlebbar zu machen. Dabei verschränken sich oftmals reale und animierte Elemente zu einem künstlichen Bildraum, dessen Ästhetik und Erlebnispotential dem corporate design des jeweiligen Senders verpflichtet ist.
Folgenden Fragen möchte ich in meinem Vortrag genauer nachgehen: Welche ästhetischen Strategien kommen bei der Animation solcher Informationsräume, die das Programmangebot in einen audiovisuellen Erlebnisraum ‚übersetzen‘, zum Einsatz? Was für ein Selbstbild der Sender wird dadurch kommuniziert? Und inwiefern reagieren die Sender damit auch auf unterschiedliche, sich wandelnde Zuschauerkulturen?

Martin Härtlein: ATV – Österreichs erster Privatsender im Free TV

Seit dem Sendestart im Juni 2003 hat sich ATV zum führenden österreichischen Privatsender entwickelt: Eine feste Größe bei den Zuschauern mit einem erstklassigen Vollprogramm aus Eigenproduktionen, internationalen Top-Spielfilmen, Hollywood in Serie, Nachrichten und Live-Sport.
ATV setzt besonders im Bereich der Eigenproduktionen auf die Etablierung von Formaten, um die Eigenständigkeit weiter zu stärken. Außerdem bietet der lokale Bezug einen wesentlichen Vorteil und eine Zuverlässigkeit im dichten deutschsprachigen Senderangebot. Sendungen wie „Bauer sucht Frau“ und „Saturday Night Fever“ gehören wohl zu den bekanntesten und fordern damit auch eine gestalterische Gradwanderung zwischen Formatmarke und Senderkennung. Deswegen ist die Inszenierung und Verpackung der Eigenproduktionen ein wesentlicher Bestandteil der ATV Kreation. Durch die besondere Rücksichtnahme auf einzelne Formate und Zielgruppen wird das Senderbild nachhaltig geprägt. Folglich steht im Vordergrund die Entwicklung dieser Marken und ATV als deren Bühne.
Vielfalt ist ATV wichtig. Wir entwickeln Formate, die häufig nicht nur am nächsten Tag im Gespräch bleiben, sondern die inzwischen auch erfolgreich ins Ausland verkauft werden.
Dieser Vortrag zeigt Beispiele der Designvielfalt unterschiedlichster Sendungen, die vielfältige Verwendung im Arbeitsalltag und gibt Einblick in die Struktur der ATV Kreation.

Mario Zeller: Von Codes und Automatisierungen

In unserer technisierten Welt, wo vieles quasi auf Knopfdruck passiert, vergisst man oft, was für ein großer Aufwand hinter banalen Dingen steckt. Beim Fernsehen ergeht es dem typischen Zuschauer ähnlich, denn die wenigsten wissen, wie viel Zeit und Arbeit investiert werden muss, um die perfekte Illusion zu schaffen.
Um den Aufwand durch den steigenden Kostendruck zu minimieren, sind kreative Lösungen gefragt. Grafiker und Programmierer schätzen die Möglichkeiten, den Computer zeitaufwendige oder auch eintönige Arbeit verrichten zu lassen. So wurde zum Beispiel mit der Einführung des neuen ORF eins Designs eine interessante technische Neuerung im Bereich der Film- und Serienabspänne eingeführt, die in diesem Vortrag vorgestellt wird.

Bertram Gugel: Die nächsten Sender: Youtube Netzwerke

Auf YouTube entsteht ein neues Ökosystem. Immer mehr Produzenten können von ihren Einnahmen leben und immer mehr Kanäle und Produzenten schließen sich YouTube-Netzwerken an. Diese Netzwerke unterstützen sie beim Reichweitenaufbau, bei der Vermarktung und der Produktion. Dadurch erzielten die Netzwerke ein rasantes Wachstum in den letzten Jahren, das mit einer millionenschweren Finanzierungsrunde von Mediakraft, einem der größten YouTube-Netzwerke in Deutschland, Ende 2012 seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte.

Während in Deutschland mit siebenstelligen Beträgen hantiert wird, erhielten in den USA zwei der größten YouTube Netzwerke Machinima und MakerStudios $35 Millionen bzw. $36 Millionen an Venture Capital, wobei sich die Investoren durchaus sehen lassen können Google (Machinima) und Time Warner (MakerStudios) sind nicht nur als Investoren an diesen Unternehmen interessiert.

YouTube fördert die Professionalisierung seiner Plattform massiv. Einerseits indem existierende YouTube-Produzenten weiter gefördert werden, andererseits indem neue Inhalte exklusiv für Youtube produziert werden. Damit verfolgt YouTube genau die Strategie der Kabelnetzbetreiber, die in ihrer Anfangszeit die TV-Cable-Networks förderten damit diese attraktive Inhalte für die neuen Kabelanschlüsse produzierten.
Wie damals in den 80er Jahren des Kabelfernsehens ist heute noch nicht ersichtlich, wer das Rennen machen wird und ob aus Mediakraft, Machinima oder MakerStudios einmal das nächste HBO, Showtime oder ESPN entsteht. Doch eines ist sicher es finden gerade weitreichender Wandel auf

Sarah Baker: Schöne Medienarbeit?

Pay Conditions in the Music and TV Industry

Sarah Baker presents the pay conditions of creative labour in two cultural industries – music recording and television production. It draws, firstly, on research she conducted with David Hesmondhalgh between 2006-7 which looked at, among other things, independent television production in the UK. This research found that conditions of pay, hours and job security are important contributors to the conceptualisation of work as ‚good‘ or ‚bad‘, especially for newcomers to TV work (Hemondhalgh & Baker 2011). She then turns to an examination of pay conditions in the Icelandic music industry, and musicians’ subjective experiences of their labour pre- and post-crash. This research, undertaken in 2010-11, reveals the precarity of music making in Iceland, where distinctions are made between ‘making it’ (critical acclaim) and ‘making a living’ (getting paid) in a market that is now viewed by some musicians as a ‘practice space’ rather than a ‘working place’.