Welche Lücken kann die Forschung für transmediale Produktionen schließen?
ANDREAS GEBESMAIR, Leiter Österreichisches Institut für Medienwirtschaft, FH St. Pölten
Die Märkte für Kindermedien sind in hohem Maße entlang von Geschlechtergrenzen segmentiert. So weiß man aus einschlägigen Untersuchungen, dass Mädchen häufiger Bücher lesen und öfter Radio hören, während Computerspiele und Comics vor allem von Buben genutzt werden. Zudem lässt sich eine frühe Festlegung auf geschlechtsspezifische Themen und Gestaltungmerkmale ausmachen. Rosa Ponys und Prinzessinnen auf der einen Seite, furchterregende Monster und rote Rennautos auf der anderen mögen als die deutlichsten Beispiele dieser Dichotomie dienen. Im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts an der Fachhochschule St. Pölten werden Formatstrategien entwickelt, die dieser starken geschlechtsspezifischen Trennung entgegenwirken sollen. Ein besonderes Augenmerk kommt dabei transmedialen Erzählstrategien zu, in denen – im Unterschied zur crossmedialen Vermarktung – Geschichten nicht bloß von einem Medium in ein anderes transformiert werden, sondern plattformübergreifend und unter Einbindung der Rezipienten erzählt werden. Mit Hilfe von medien-, sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsmethoden soll analysiert werden, inwieweit transmediale Formate den unterschiedlichen Nutzungsgewohnheiten von Buben und Mädchen gerecht werden und gleichzeitig Anreize schaffen, sich neuen, bislang wenig genutzten Medien zuzuwenden, Geschlechterrollen zu hinterfragen und alternative Identifikationsangebote zu erproben. Im Gespräch mit dem Leiter des Österreichischen Instituts für Medienwirtschaft und des Projekts „Transmedia Extensions. Geschlechtssensibles Erzählen für Kinder“ wird erörtert, welche Forschungslücken im Bereich Kindermedien und Transmedia bestehen und was eine sozial- und wirtschaftswissenschaftlich orientierte Medienforschung in diesem Zusammenhang leisten kann. Im Zentrum stehen dabei Fragen der Partizipation des Publikums, der kollaborativen Produktion und der rechtlichen Rahmenbedingungen.
- Vita
- Andreas Gebesmair leitet seit 2011 das Österreichische Institut für Medienwirtschaft an der Fachhochschule St. Pölten. Nach dem Studium der Soziologie, Geschichte und Musikwissenschaft in Wien Tätigkeit als Medien- und Kulturforscher in verschiedenen Forschungseinrichtungen. Von 2006 bis 2011 Direktor des Instituts Mediacult Wien. 2008 Habilitation im Fach Soziologie an der Universität Wien. Thema der Habilitationsschrift: Die Fabrikation globaler Vielfalt. Struktur und Logik der transnationalen Popmusikindustrie. Arbeitsschwerpunkte: Transnationalisierung kultureller Produktion, Strukturen der Unterhaltungsproduktion, Medien und Migration.
- Datum
- 05.05.2015