Maria Magdalena Koller: Doku Slots

Von Reenactment und Authentizität

Doku-Fiktion hat sich im Fernsehen längst etabliert. Doku-Soap und Doku-Drama sind nur einige der neuen Formate, in denen immer mehr Gestaltungselemente aus dem Spielfilm übernommen werden. (Fast) alles ist möglich! Doch wo sind die Grenzen dieser Experimentierfreudigkeit oder wie es der Philosoph Paul Watzlawick formuliert: Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
Für mich als Dokumentarfilmerin bietet dieser Mix aus klassischer Dokumentation und Neuinszenierung / Reenactments – eine spannende Herausforderung. Das Verweben von Dokumentarmaterial, Aussagen von Zeitzeugen und neu inszenierten Sequenzen ermöglicht mir, eine Geschichte auf mehreren Ebenen zu erzählen und den dramaturgischen Bogen inhaltlich und visuell zu verdichten. Für mich ein faszinierender Weg, näher an die Wirklichkeit/Wahrheit heranzukommen.
Dass es dafür einer genauen Recherche bedarf, ist für mich als Historikerin und Journalistin
Grundvoraussetzung. Denn nur wenn ich mit einer Geschichte bis ins letzte Detail vertraut bin, kann ich das, was ich zwischen den Zeilen eines Dokuments lese, bzw. die „Leerstellen“, die sie aufgrund von fehlendem Dokumentarmaterial ergeben, transparent machen auch visuell umsetzen. Reeinactments sind für mich deshalb eine gestalterische Bereicherung, um ein Thema stärker zu emotionalisieren. Sie können authentisches Material jedoch niemals ersetzen, auch wenn sie noch so gut gemacht sind.
Wie das konkrete Arbeiten zwischen Dokumentation und Fiktion in der Praxis aussieht, möchte ich am Beispiel des Doku-Dramas „Tod im Morgengrauen“ erörtern. Ein Film, den ich vor zwei Jahren für ORF ARTE und ZDF gemacht habe.

Ines Häufler: Schreiben für das Fernsehen

Von Drama und Consulting

Der Beruf der Film- und Fernsehdramaturgin geschieht aus der zweiten Reihe heraus und im Verborgenen, meistens sogar ohne Credit im Abspann des TV Movies oder der Fernsehserie. Dabei beginnt die Arbeit manchmal bereits mit der ersten Idee der AutorInnen und ProduzentInnen. Diese wollen eine Beratung durch einen Blick von außen, denn es geht um entscheidende Fragen: Passt der Stoff zu einem bestimmten Slot eines Senders? Kann man die Grundidee packend in die 5 Zeilen der Zusammenfassung einer Fernsehzeitschrift hineinformulieren? Vermittelt sich die Intention der AutorInnen?
Manchmal spielt man aber auch Feuerwehr – der Stoff entwickelt sich schon zu lange in die falsche Richtung, der Drehbeginn naht, die RegisseurInnen haben andere inhaltliche Vorstellungen, die Redaktionen verlangen plötzlich massive Änderungen, Locations brechen weg, AutorInnen werden ausgetauscht, der Cast gewechselt, das Budget gekürzt.
Film- und Fernsehdramaturgin zu sein bedeutet viel mehr als nur Drehbücher zu lesen. Man muss das Gelesene präzise analysieren können, und vor allem muss man es in Worte fassen, oft schriftlich, fast immer aber auch in Gesprächen, an deren Anfang beim Gegenüber oft Angst, Unsicherheit und Konflikte stehen. Man ist manchmal die erste Leserin, aber primär Analystin, Mediatorin, Komplizin, Therapeutin, Beschützerin, Kämpferin. Und man tut vor allem eines: Man liebt Menschen, egal ob real oder erfunden, und die Geschichten, die sie erzählen.

Mike Kraus: Neue Formate für das Fernsehen

Videojournalismus für Online und TV

Eine der wichtigsten Entwicklungen in der Fernsehindustrie im letzten Jahrzehnt ist die Kostenreduzierung von TV-Produktionen. Produktionsequipment wurde erschwinglicher, Programme sind nicht länger von großen Crews abhängig, sondern es ist dem Einzelnen möglich, Ideen zu produzieren, drehen, schneiden und anschließend zu präsentieren. Im letzten Jahrzehnt gingen auch die Einnahmen aus Werbungen zurück, was die Nachfrage nach billigeren TV-Produktionsmethoden steigerte. Die Frage, die sich nun stellt, ist: Was wird Videojournalismus künftig produzieren?
Der Nachrichtenstandard im kommenden Jahrzehnt wird davon abhängen wie sich Videojournalismus entwickelt. Ist es nur ein Weg billiger Fernsehen zu machen oder bietet es die Chance eine Geschichte auf eine neue, persönlichere Weise zu erzählen.
In dem Vortrag wird auf die Stärke des Videojournalismus eingegangen und wie man dadurch persönlichere und fesselnde Filme kreieren kann. Was den Videojournalismus besonders macht, ist der Zugang zu persönlichen Geschichten und die Kontrolle über die Art, wie diese erzählt werden, sowie die Freiheit, Risiken einzugehen. Durch Beispiele wird veranschaulicht, wie diese Charakteristiken in die Produktionsmethoden des Videojournalisten einbezogen werden.

Peter Kullmann: Digital Cinema für das Fernsehen

Vom Produzieren und Bildermachen

Digital Cinema ist mittlerweile nicht nur für Hollywood und all jene, die im Bereich Film und Fernsehen tätig sind von Bedeutung. Peter Kullmann liefert einen persönlichen Erfahrungsbericht mit der Arbeit mit Red Kameras.
Fazit: Digital Cinema fürs Fernsehen wird es geben, weil es ist nicht mehr nur machbar, sondern auch leistbar ist.

Kathrin Rothe: Formatentwicklung für Nischen

Von Gestaltung und Formatierung

Das Formatlabor Quantum von der Redaktion Das kleinen Fernsehspiel beim ZDF bietet kreativen AutorInnen, jungen Talenten und innovativen Produktionsfirmen die Möglichkeit, eigene Formatideen zu realisieren. Die Ergebnisse werden im Fernsehen ausgestrahlt – als Reihe oder Pilotsendung.
Die Herausforderung besteht darin, inhaltlich, technologisch oder formal neue Wege innerhalb bestehender Programmformen zu gehen. Bei Kathrin Rothes vierteiliger Doku-Soap „Stellmichein“ stellte sich 2004 die Frage, wie Reality-Fernsehen für Öffentlich-rechtliches Fernsehen aussehen könnte. Kathrin Rothe begleitete fünf Arbeitslose auf ihrer Suche nach dem Job fürs Leben. Wo ist die Grenze zwischen Authentizität, spannender Emotionen und Voyeurismus? Wie kann man Informationen und nützliche Ratschläge in einem Unterhaltungsformat vermitteln? Wie zeigt man, was der Kamera für gewöhnlich verborgen bleibt? So hat Kathrin Rothe beispielsweise die Bewerbungsgespräche als Trickfilm nachstellen lassen. Dabei illustrierte sie die Erzählungen der ProtagonistInnen und kommentierte mit kleinen Gesten: Eine gekrümmte Sitzhaltung, ein herabgezogener Mundwinkel oder ein bewundernder Blick erzählen viel über tatsächliche Befindlichkeiten.
In „Was tust Du eigentlich..?“ ist sie noch einen Schritt weiter gegangen. Ganz normale Menschen beantworten in jeweils einer Folge eine große und aktuelle Frage: Was tust Du gegen Gewalt? Wie schützt Du Dich vor Terroranschlägen? Was tust Du für Deine Rente? Um auch Menschen, die man gewöhnlich nicht im Fernsehen sieht, zu Aussagen zu bewegen, sieht man die Interviewten nur als Trickfiguren. War es bei “Stellmichein“ klassischer Zeichentrick, hat Kathrin Rothe hier Cut-out-Animation, auch als Collagentrick beschreibbar, verwendet. Die Technik machte es nicht nur möglich, für dieses wochenaktuell konzipierte Format zügig zu animieren, sondern der Charme des Handgemachten und Improvisierten wirft gleichzeitig einen ironischen Blick auf die Weltverbesserungsmaßnahmen im Kleinen.
Das dokumentarische Animationsformat wurde online wie auch offline, als Einzelfolgen wie auch als Block, gesendet und gestreamt. “Stellmichein“ erhielt 2007 den Adolf-Grimme-Preis. Dennoch wurde es nur spätabends gesendet. Somit wurde ein Format, das nicht für ein Nischenpublikum entwickelt wurde, doch wieder zum Nischenformat.

Jan Krone: Marktsystem Sendeplatz

Von Formaten und Quoten

Gelten Medienangebote einerseits als Kulturgüter mit den zugeschriebenen Werten wie beispielsweise „Soziale Institution“ oder „Wissen, Wahrheit, Vernunft“ sind sie ebenso Wirtschaftsgüter. Privat-kommerzielle Medienangebote dienen somit auch Einzelinteressen und orientieren sich an den Erfolgsmaßstäben wie Reichweite, Konkurrenz oder Karriere. Zur Erfüllung dieser praktisch-pragmatischen Ziele bündeln die Veranstalter solche Fernsehformate mit dem Ziel, möglichst attraktiv für eine breite Masse an Zuschauern einerseits und daraus folgend ebenso attraktiv für die werbungtreibende Wirtschaft zu sein. Die richtige, reichweitenstarke Auswahl eines Formats zu treffen, unterliegt jedoch nicht nur der erwarteten Reichweite in den Fernsehhaushalten, sondern auch in der Frage, ob Eigenproduktionen in Auftrag gegeben werden oder ob bereits im Markt bewährte Formate aus anderen Ländern eingekauft werden.
Diese Entscheidung führt zu den bestimmenden Wettbewerbskräften im Markt privat-kommerzieller Fernsehvollprogramme: Einerseits den Werbungtreibenden und andererseits dem Rechtehandel.
Vor dem Hintergrund eines nur sehr engen Zeitfensters der ökonomischen Auswertungsoption auf dem Bildschirm (Primetime zwischen 18 und 22.45h) müssen intervenierende Variablen so gering wie möglich gehalten werden, zumal Fehlentscheidungen in der Formatwahl einen unmittelbaren Effekt auf die Bilanz eines Programmveranstalters haben. Aufgrund des Fehlens „harter Absatzzahlen“ (das Fernsehpublikum ist durch die Marktakteure konstruiert), sind innovative oder anspruchsvolle Formate in diesem Kontext die absolute Ausnahme.
Es gilt den Massengeschmack zu bedienen und Akzentuierungen im Rahmen zu halten.
Formate müssen für privat-kommerzielle Fernsehsender spezifische Kosten-Nutzen-Relationen erfüllen, im Idealfall sollte eine Zweit- oder Drittverwertung möglich sein und Formate als Werbeumfeld gelten. Diese medienökonomischen Gesetzmäßigkeiten gelten für den Teilmarkt privat-kommerzieller Fernsehvollprogramme uneingeschränkt und ergeben für die Fernsehkritik häufig das Urteil „schlechtes Programm“. Die Wahlfreiheit der Mediennutzer relativiert die Kritik und erklärt gleichermaßen die positive Wirkung des Nebeneinanders von öffentlich-rechtlichen Programmen (Schwerpunkt „Kulturgut“) und privat-kommerziellen (Schwerpunkt „Wirtschaftsgut“) in den dualen Rundfunksystemen Europas.

Martin Machac: Verpackung & Glanz

Wie man heute Nachrichten gut aussehen lässt.
Über das ReDesign der Nachrichtensendung Austria News

Ende März startete die Sender-Familie Pro7, Sat.1, Puls TV und Cafe Puls ihre aufgefrischte und gründlich neu strukturierte Nachrichtensendung Austria News. Täglich 14 Nachrichtensendungen verlangten einerseits einen klaren neuen Entwurf, andererseits viel Raum für die Eigenheiten der unterschiedlichen Sender. Anlass der Umstellung war die Anpassung des Formats auf 16:9. Zunächst sollte das Design nicht wirklich verändert werden, dann besannen sich die Verantwortlichen, dass gerade die Nachrichtensendungen aufgrund ihrer Häufigkeit eine der besten Werkzeuge sind um einen starken Markenauftritt für die Sender zu schaffen.
DV5 setzte sich im Pitch gegen 3 weitere Agenturen durch und entwickelte in Minimalzeit ein neues Erscheinungsbild. Martin Machac, Creative Director und Gründer von DV5, berichtet über Rahmenbedingungen, Ideen und Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und erlaubt einen tieferen Blick auf die Details des Designs, zum Beispiel das teilvirtuelle Set mit realem Boden und Tisch, die 160° Bewegungsfreiheit, sowie auf das multifunktionale virtuelle Screen.

Maria Windhager: TV Bilder und Recht

Vom Streiten und Recht haben

TV / Fernsehen lebt von Bildern. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Die Beschaffung, und vor allem die Auswahl von Bildern, kann aber in der Praxis erhebliche Schwierigkeiten bereiten.
Auch in juristischer Hinsicht stellen sich dabei regelmäßig heikle Fragen, die nur im Einzelfall eindeutig beantwortet werden können.
Fast immer geht es um die Abwägung von jeweils verfassungsrechtlich geschützten Interessen. Die Gerichte haben einen sehr großen Ermessensspielraum, der in der Praxis sehr unterschiedlich genützt wird. Am häufigsten haben die Rechtsprechung in der jüngeren Vergangenheit persönlichkeitsschutzrechtliche Fragen beschäftigt. Das hängt wohl auch mit der zunehmenden Boulevardisierung – etwa auch des öffentlichen rechtlichen Fernsehens – zusammen. Persönlichkeitsrechte werden immer öfter verletzt, um im harten Konkurrenzkampf um Reichweiten bestehen zu können. Aber auch Fragen zum Umfang von Werknutzungsrechten sind ein „Dauerbrenner“, wie zahlreiche Fälle aus der Rechtsprechung belegen, die im einzelnen erörtert werden.