Stefano Semeria: Trend Spotting

TV- und Onlineformate

Es ist nicht ohne subtile Ironie, das Thema der Konferenz in einem Zeitkontext zu lesen, in dem der Abgesang auf das Fernsehen ebenso gefeiert, wie seine Verteidigung zementiert wird. Sicher ist nur eines: es wird nichts bleiben wie es ist. Warum? Was bedeuten die Umbrüche, die wir zur Zeit erleben, für die Ausbildung und die Orientierung von Berufseinsteigern?
Anhand von ausgewählten Aspekten, die auch meine eigene berufliche Entwicklung markieren, will der Vortrag ergründen, welche neue Aufgaben und Herausforderungen auf diejenigen warten, die demnächst in Fernsehberufen arbeiten wollen:
Administrativ: Im Dezember 2009 wird bekannt, dass die BBC ihren ersten „Head of content relelase“ einstellt. Dieser soll für alle Formen der Programmierung und das content management bei den linearen und nichtlinearen Services zuständig sein. Dies ist die erste große strukturelle Veränderung im Bereich der Programmplanung der BBC. Sie berücksichtigt auch Veränderungen der Sehgewohnheiten, die längst nicht mehr kongruent sind mit der Praxis bisheriger Auswertungsfenster.
Wirtschaftlich: ‚Digital Production’ ist ein expandierender Bereich, der die Produktion für die digitalen Medien (online, digitale Datenträger, mobile, etc.) bedient und damit abgegrenzt ist von der Produktion für klassische On Air-Programme. In Japan bspw. hat der private TV-Sender TV-Asahi mit ‚brosta.tv’ eine UGC-Showcase-Plattform für Profis und Amateure eingerichtet, die Aufträge im digitalen Produktionsbereich sichern soll.
Kreativ: Augmented Reality Apps, Interaktivität, ‚social viewing’ – längst finden im TV und parallel oder exklusiv online wie auch mobil völlig neue Erzählformen statt. Wer gehört, wer wird zur neuen kreativen Avantgarde?
Analytisch: (online) ‚metrics’, die mehr und Genaueres über das Mediennutzungsverhalten verraten, als es TVQuoten je können werden, sind ungeheuer mächtige, neue Indikatoren für Markenaufbau und -pflege.
Diese und weitere Aspekte werden die Auswirkungen auf die (Ausbildung für) Fernsehberufe näher untersuchen.

Andreas Meschuh & Mario Kaufmann: 3D High Definition

Von Realbildern und Stereoskopie

Die Fakten über 3D Kinofilme: Im Jahr 2009 wurden 20 Filme in 3D produziert und das 62. Filmfestival in Cannes hat letztes Jahr zum ersten Mal mit einem 3D Film eröffnet – Tendenz stark steigend. Spätestens seit „Avatar“ kann man von einem neuerlichen 3D-Hype sprechen. Somit hat sich das Kino einen gewissen Vorteil erarbeitet, den die Wirtschaft nun aufzuholen versucht.
Seit 2010 gibt es erste TV Live Übertragungen in 3D und für iPhone-User den Zeiss Cinemizer, auf dem sich jeder 3D Filme am Handy aus dem Netz laden und anschauen kann. Die Entwicklungen in der 3D Präsentationstechnik gehen also rasch voran. Für Filmproduktionen gibt es nun sowohl technisch wissenschaftliche, als auch künstlerisch emotionale Ansätze, um sich dem Thema 3D zu nähern und die Vor- und Nachteile für den Auftraggeber in punkto Kosten und Distributionswege klar zu definieren. Natürlich liegt das Interesse der Industrie darin, „3D for everyone“ zu entwickeln. Dadurch kommen momentan sehr viele exotische Produkte auf den Markt, die in Teilbereichen zwar funktionieren, aber ein umfangreicheres Arbeiten in 3D nicht zulassen, wodurch der oben angesprochene 3D Hype sich durchaus wieder ins Gegenteil kehren könnte, sobald Zuseher über Kopfweh und Übelkeit zu klagen beginnen, so wie es in den 80er Jahren bei den anaglyphen TV Sendungen der Fall war.
Aus diesen Gründen kommt einer exakten 3D Aufnahme- und Postproduktionstechnik eine
große Bedeutung zu: Um optimale Ergebnisse zu erzielen, muss man die Parameter des menschlichen Sehens auf die Kameratechnik übertragen und die Verarbeitung der optischen Reize im Gehirn verstehen. Die sich daraus ergebenden Regeln gilt es bei allen 3D Produktionen zu beachten, dann kann man auch mit Kränen, Dollies, Steadicam und Helikoptern diese 3D Realaufnahmen ausführen.

Maria Magdalena Koller: Doku Slots

Von Reenactment und Authentizität

Doku-Fiktion hat sich im Fernsehen längst etabliert. Doku-Soap und Doku-Drama sind nur einige der neuen Formate, in denen immer mehr Gestaltungselemente aus dem Spielfilm übernommen werden. (Fast) alles ist möglich! Doch wo sind die Grenzen dieser Experimentierfreudigkeit oder wie es der Philosoph Paul Watzlawick formuliert: Wie wirklich ist die Wirklichkeit?
Für mich als Dokumentarfilmerin bietet dieser Mix aus klassischer Dokumentation und Neuinszenierung / Reenactments – eine spannende Herausforderung. Das Verweben von Dokumentarmaterial, Aussagen von Zeitzeugen und neu inszenierten Sequenzen ermöglicht mir, eine Geschichte auf mehreren Ebenen zu erzählen und den dramaturgischen Bogen inhaltlich und visuell zu verdichten. Für mich ein faszinierender Weg, näher an die Wirklichkeit/Wahrheit heranzukommen.
Dass es dafür einer genauen Recherche bedarf, ist für mich als Historikerin und Journalistin
Grundvoraussetzung. Denn nur wenn ich mit einer Geschichte bis ins letzte Detail vertraut bin, kann ich das, was ich zwischen den Zeilen eines Dokuments lese, bzw. die „Leerstellen“, die sie aufgrund von fehlendem Dokumentarmaterial ergeben, transparent machen auch visuell umsetzen. Reeinactments sind für mich deshalb eine gestalterische Bereicherung, um ein Thema stärker zu emotionalisieren. Sie können authentisches Material jedoch niemals ersetzen, auch wenn sie noch so gut gemacht sind.
Wie das konkrete Arbeiten zwischen Dokumentation und Fiktion in der Praxis aussieht, möchte ich am Beispiel des Doku-Dramas „Tod im Morgengrauen“ erörtern. Ein Film, den ich vor zwei Jahren für ORF ARTE und ZDF gemacht habe.